Quellenangbabe | Deutsche Handwerkszeitung | Bericht: Seffen Guthardt | Ausgabe 4 | 16.2.2018

Schönheit liegt im Auge des Rechners

Lieber lang oder kurz, mit Pony oder Seitenscheitel und falls ja, links oder rechts? Der Friseurbesuch kann mit unter ganz schön anstrengend sein. Sowohl für Kunden, die nicht wissen, welche Frisur am besten zu ihnen passt, als auch für Friseure, die sich nicht selten für ihren Haarschnitt rechtfertigen müssen. Geht es nach Michael Wittek, dürften

solche Diskussionen bald der Vergangenheit angehören. Der Friseurmeister aus Kaufbeuren ist überzeugt, dass die perfekte Frisur keine Frage des guten Geschmacks ist, sondern sich anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse mit wenigen Klicks am Computer berechnen lässt.

Goldenen Haarschnitt finden

Wittek hat mit dem „Sastre Hairstyle-Finder“ eine Software entwickelt, die die passende Frisur anhand einer linearen Vermessung des Gesichts bestimmt. Jeder Mensch hat zwei völlig unterschiedliche Gesichtshälften, so dass es nicht die eine Frisur gibt, die zu jedem Typen passt“, sagt Wittek. Die Aufgabe eines guten Friseurs sei es daher, die Asymmetrien des Gesichts so durch die Frisur auszugleichen, harmonischen Gesamtbild fügt. Wittek spricht angelehnt an den bekannten Begriff aus der Fotografie vom so genannten Goldenen Schnitt.

Die Software misst dafür anhand eines möglichst frontal aufgenommenen Fotos die vertikale und horizontale Symmetrie des Gesichts, das Verhältnis von Stirn-, Augen- und Kinnpartie, den vertikalen Augenabstand, die Augenbreite und den Spannungsbogen der Augenbrauen. „Jedes Gesicht hat 14 dominante Punkte, die berücksichtigt werden sollten“ sagt Wittek. Der Friseurmeister vertreibt sein Programm bereits über mehrere Kanäle und hat sich das Gebrauchsmuster und die Marke schützen lassen. Interessenten können sich entweder direkt auf der Webseite seines Unternehmens eine mehrseitige wissenschaftliche Auswertung ihres Gesichts mit passenden Frisurenvorschlägen zuschicken lassen oder sie suchen einen der Friseurbetriebe auf, die das Programm bereits via Tablet-PC in der Kundenberatung einsetzen.

Bisher zählen dazu neben seinem eigenen Salon in Kaufbeuren, Friseure in Berlin, Frankfurt, Oberbeuren und Wien. Weitere sollen bald dazukommen. Neben der digitalen Gesichtsvermessung können die Friseure über die browserbasierte Anwendung auch auf eine Frisurendatenbank zugreifen und sich ein Archiv mit den Frisuren ihrer Kunden einrichten. Dem Haarschnitt eine wissenschaftliche Grundlage zu geben, kommt bei den Kunden sehr gut an“, sagt Wittek. Die Friseure könnten das Angebot für ihr Marketing nutzen und sich ein Allsteinstellungsmerkmal verschaffen.

Teil der Berufsausbildung

Mittelfristig soll Witteks Programm fester Bestandteil in der Digitalisierung der Berufsausbildung des Friseurhandwerks werden. „Die Branchehat hier großen Nachholbedarf“, sagt Wittek. Friseurazubis könnten künftig am Tablet lernen, welche

Haarschnitte zu welchen Gesichtern passen und ihre Erfahrungen dann für die berufliche Praxis nutzen. Dazu verhandelt der Friseurmeister mit verschiedenen Handwerkskammern über eine Integration seiner Software in die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung, die in den Berufsbildungszentren durchgeführt werden. Mit erstem Erfolg: Eine Handwerkskammer will einsteigen, sobald die Fördergelder genehmigt sind.

Makel kaschieren:
Die Software nutzt 14 dominante Punkte, um die passende Frisur zum Gesicht des Kunden zu berechnen.

Typberatung per Tablet: 
Auf Knopfdruck liefert die Software passende Frisurenvorschläge.